
Zwischen Eis, Feuer und Freundschaft
Drei Wochen Bikepacking durch Island - Eine Reise von Katharina Kruse und Miriam Kuhn. Festgehalten von Björn Reschabeck.
Drei Wochen, zwei Räder, ein Plan.
Wir wollten Island durchqueren: 1.500 Kilometer, 15.000 Höhenmeter, zweimal vier Tage ohne Einkaufsmöglichkeiten oder Wasserquellen. Dehydrierte Nahrung, Wasserfilter, Zelt. Was uns erwartete: karge Highlands, heiße Quellen, raue Schotterpisten. Was wir nicht erwartet hatten: Krankheit, Trennung – und dass genau das unsere Freundschaft auf die Probe stellen würde.
Freitagabend, Norddeutschland.
Miri steht mit rotem Kopf und Taschentüchern in meiner Küche. „Alles halb so wild“, sagt sie. Wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Nach Monaten der Vorbereitung will niemand, dass eine Erkältung alles durchkreuzt. Seit 2017 verbindet uns das Mountainbiken – und das unausgesprochene Verständnis, das man nur mit wenigen Menschen hat.
Little did we know
Als wir in Island landen, kann Miri kaum noch gehen. Wir schlafen in einem stickigen Flughafenhotel, müssen entscheiden, was keiner sagen will: Sie bleibt – ich fahre los. Zum ersten Mal allein auf Bikepacking-Tour. Drei Tage Einsamkeit. Grober Schotter, lange Schiebepassagen, Zeltübernachtungen mit Schafen als einzige Gesellschaft. Ich kämpfe mit mir selbst – und mit dem Gedanken, dass unser gemeinsames Abenteuer vielleicht vorbei ist, bevor es richtig beginnt.
Dann: Wiedersehen. Fünf Tage fahren wir gemeinsam – bis ich krank werde. Fieber, Erschöpfung. Wieder Trennung. Wieder Umplanen. Unsere ursprünglich geplante Route war ambitioniert – aber Island hatte andere Pläne.
Also zieht Miri allein los und erkundet den rauen Norden Islands fernab von Massentourismus.



Zwischen Tränen, Eis und Vulkanschotter
Am Ende wurde aus der geplanten großen Schleife ein Mosaik aus Möglichkeiten. Miri reiste nach ihrer Krankheit teils mit dem Bus. Wir kämpften uns durch menschenleere Weiten, über Lavafelder, durch Flüsse. Fuhren am Ende mehr Ringstraße als geplant, um die verlorene Zeit aufzuholen. Es gab Tage, an denen nichts funktionierte – und andere, die alles wettmachten.
Wir sahen Papageientaucher am Meer und streichelten Islandpferdefohlen. Nur die Schafe blieben leider auf Abstand. In Landmannalaugar saßen wir nachts zwischen bunten Bergen in heißen Quellen. Wir standen vor Eisschollen am Diamond Beach und spürten, wie die Erde bebte, als 150 Kilometer entfernt ein Vulkan ausbrach. Island zeigte sich von seiner rausten Seite – und gleichzeitig von seiner zärtlichsten.
Wir lebten von Trockennahrung, Brot, Käse, Tomaten, Schokolade und Tee. Die Wasserfilter blieben unbenutzt. Dafür lernten wir, uns täglich neu aufeinander einzustellen. Krankheiten, verlorenes Equipment, technische Ausfälle – Island ging nicht nur ans Material, sondern auch an die Nerven.
Als beide AXS-Akkus von Miris Schaltung leer waren und das Ladekabel fehlte, fanden wir über isländische Kontakte die einzige Viererladebox im Land. Versand an eine Poststation – 1,5 Tage mit nur einem Gang. Teuer, aber lösbar. Wie fast alles stellten wir während unserer Reise fest.
Nicht perfekt, aber echt
Wir haben unser Kilometerziel nicht erreicht. Aber wir haben etwas anderes geschafft: einander auszuhalten in Momenten der Unsicherheit. Die Route anzupassen, wenn der Körper nicht mehr mitspielt. Ehrlich zu kommunizieren, was geht – und was nicht.
Island war nicht unser härtestes physisches Abenteuer. Aber es war emotional fordernd. Unvorhersehbar. Echt. Und genau deshalb besonders.


Was bleibt?
Nicht die perfekte Route. Nicht die Höhenmeter. Sondern das Lachen im Zelt. Die Stille, wenn Worte nicht genug waren. Das Innehalten, weil man nicht glauben kann, was man sieht. Das Heulen des Windes in menschenleerer Weite. Die Entscheidung, weiterzumachen – obwohl nichts nach Plan läuft. Unsere Geschichte ist ein ehrlicher Blick auf das, was passiert, wenn man losfährt mit einem Plan – und unterwegs etwas viel Wertvolleres findet: Vertrauen in sich selbst und ineinander. Und die Gewissheit, dass man gemeinsam weiterkommt. Auch, wenn’s mal nur mit einem Gang geht.
Text: Katharina Kruse und Miriam Kuhn
Foto & Film: Björn Reschabeck





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